Alkohol - oder Fahrten unter Drogen (BTM), Fahreignung

Bestrafung von Fahrten unter folgenden Blutalkoholkonzentrationen (BAK) oder] THC (Cannabis oder Marihuana)

Ab 0,3 Promille: Relative Fahruntüchtigkeit

  • + weitere Ausfallerscheinungen

ab 0,5 Promille:

  • Geldbuße 500,00 €, 1 Monat Fahrverbot ,   ab 1,0 ng/ml THC
  • und 4 Punkte sowie Polizeiauslagen    10 ng Morphin oder Cocain
  • §§ 24 a StVG und 17 OWIG     [] 25 ng Amphetamin (Speed) oder Methamphetamin (Crystal)
  • beim Erstenmal          75 ng Benzocylecgonin (Kokain)

       Nachweis nur durch Blutprobe, nicht durch Drogenschnelltest. Fehlende Belehrung bei Vortest ohne Fernwirkung.

  • hier: 1.000,00 €, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot beim zweiten Mal
  • [nbsp1.500,00 €, 2 Punkte, 3 Monate Fahrverbot, beim dritten Mal

bis 1,1 Promille: Absolute Fahruntüchtigkeit

  • darüber Geldstrafe (ein Monatsgehalt) und 1 Jahr Entzug der Fahrerlaubnis

ab 1,6 Promille: MPU-Test zwingend        MPU-Test ab 1,0 ng/ml ,  ab 2,0 ng/ml THC nur in Bayern

Nach Auskunft der Führerscheinstelle des Kreises Ostholstein vom 20.01.2020 soll bei Überschreitung      bsp]      der Grenzwerte bei den übrigen Drogen die Fahrerlaubnis sofort entzogen und ein MPU Test gefordert werden.

Das Fahrverbot kann in 4 Monaten ab Rechtskraft des Bußgeldbescheides nach Wahl des Zeitraumes angetreten werden. Bei der Alkoholfahrt erfolgt einer Rückrechnung um 0,1 Promille pro Stunde zwischen Fahrt und Zeitpunkt der Blutentnahme.

Ohne Beweisanzeichen besteht für das Gericht keine Veranlassung, etwa eine unbewußte Cannabiseinnahme zu unterstellen und davon auszugehen, dass der Betroffene seinen Selbstprüfungs- und Erkundigungspflichten vor Antritt der Fahrt ordnungsgemäß nachgekommen ist (BGH, Beschluß vom14.02.2017, 4 StR 422/15).

Entziehung der Fahrerlaubnis:

Diese Rückrechnung ist bei der Fahrt unter THC oder anderen aktiven Suchtstoffen bisher nicht möglich. Da keine Testreihen durchgeführt werden konnten, wird vermutet, dass innerhalb von 4 - 6 Stunden der Wert abgebaut ist, außer bei ständigem Konsum. Das Bundesverfassungsgericht hat noch keinen Mindestwert für die Fahruntüchtigkeit festgelegt. Das Verwaltungsgericht Köln geht von 1,0 ng/ml THC aus (Urteil vom 14.6.10/11 K 1059/10) und sein Oberverwaltungsgericht NRW (Urteil vom 21.3.13/16 A 2006/12) folgt ihm. Hinzu kommen muß aber noch eine mangelnde Trennung von Konsum und Fahrt.

In Bayern wird diese fehlende Trennung erst ab 2,0 ng/ml THC angenommen (Beschluß vom 25.1.2006/11 CS 05,1711) und ab diesem Wert eine Gefährdung des Straßenverkehrs bei gelegentlichem Konsum gesehen.

Eigenbedarf von Cannabis erlaubt in NRW bis 10 g, Nds 6 g, Rostock 5 g, Bayern 3 g, darüber wird in Bayern mit Freiheitsentzug auf Bewährung von 3 Monaten bestraft. Nach einer Studie in Holland nehmen 6 % der Cannabis-Raucher später härtere Drogen. In Kanada ist ab April 2017 der Anbau von 4 Pflanzen zum Eigenbedarf und 30 g als Besitz erlaubt, ab Oktober 2018 erfolgte dort eine Erweiterung, um die Drogenkriminalität auszutrocknen.

Bei Auffinden von Cannabis darf die Fahrerlaubnisbehörde, wenn schon zuvor Fahrten unter THC gemacht worden sind, die erneute Vorlage eines MPU- oder ärztlichen Gutachtens verlangen. Dieses Beibringungsverlangen ist zwar nur eine Vorbereitungshandlung nach § 44 a Satz 1 VwGO, die nicht selbständig angegriffen werden kann ( OVG Schleswig, Beschluß 11.04.2014, 2 MB 11/14; BVerwG; Urteil vom 17.11.2016, 3 C 20.15), aber es muß verhältnismäßig sein. Es kann nur im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren angegriffen werden (OVG Schleswig, Beschluß vom 23.01.2020, 5 LA 265/19).

Bei THC wird zwischen dem Probierkonsumenten, dem Gelegenheitskonsumenten und dem regelmäßigen Kiffer unterschieden. Erst bei der zweiten Gruppe kann bei der ersten Deliktsverfolgung ein MPU Gutachten, ein Jahr Abstinenz und ein Aufbauseminar verlangt werden, beim zweitenmal muß eine MPU durchgeführt werden (BVerwG, NJW 2019, Seite 3395). Beim Nachweis von harten Drogen ist ein Trennungsvermögen ohne Belang, die Fahrerlaubnisbehörde verlangt immer den Nachweis einjähriger Abstinenz.

Der MPU Test ist nach Begutachtungsleitlinien (Untersuchungsablauf nach einheitlichen Standards) abzuarbeiten und die Beurteilungskriterien (labortechnische, medizinische und psychologische Befunddaten) richten sich an den Begutachter. Durch letztere wird sichergestellt, dass die Untersuchung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen wird (Nr.1 der Anlage § 4 a FeV). Sie sind nach Hypothesen und Kriterien aufgebaut. Dreiteiliger Aufbau: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft.

Die derzeit hohe Durchfallquote beruht auf einer falschen Einstellung zum vergangenen Konsum, besser "ganz dunkle Phase, ich bin nicht stolz darauf, muß aber dazu stehen." 90 % der vorbereiteten Probanden bestehen aber den Test.

Aktuelle Probleme beim MPU-Test:

Eine günstige Prognose erfordert ein kontrolliertes Alkoholtrinkverhalten, schwierig einzuhalten, oder vollständige Abstinenz. Die Änderung des Trinkverhaltens muß aus einem angemessenem Problembewußtsein erfolgen, der Probant muß sich also mit der Geschichte seines Alkoholkonsumes auseinandergesetzt haben ("blödes Jahr damals" reicht nicht aus). Der Änderungsprozeß muß nachvollziehbar aufgezeigt werden. Bei schwerem Mißbrauch über 1,6 Promille oder daneben noch Drogeneinnahme fordert der TÜV in Lübeck ein Jahr Abstinenz und sechs Urin- oder Haaranalysen von Stellen, die für den Probanden unvorhersehbar zum Test geladen haben. Zweimal im Monat drei Bier mit Kollegen kann nicht zur Abhängigkeit geführt haben und "als guter Gastgeber habe ich einen Kasten Bier im Keller stehen" widerspricht dem Willen zur zukünftigen vollständigen Abstinenz. Ebenso die Antwort, "ich will derzeit nichts alkoholisches mehr trinken, weiß aber nicht, was in zehn Jahren ist. "  Ferner müssen Freizeitveranstaltungen gemieden werden, bei denen der Alkoholkonsum ein wesentlicher Bestandteil ist (Tüv MPU Gutachten von Okt. 2021). Beim Durchfallen wird empfolen, sich an eine verkehrspsychologische Einrichtung zu wenden und den Test in einem Jahr zu wiederholen.

Fahrverbot:

Ausnahmen vom Regelfahrverbot wird nach der Rechtsprechung in engen Grenzen gewährt (OLG Oldenburg, 29.03.1993, NVZ 93, Seite 278; OLG Düs., 27.06.1994, VRS 94, Seite 277),

  1. wenn nicht in nächster Zeit Urlaub genommen werden kann, was vom Arbeitgeber bestätigt und begründet werden muß;
  2. wenn nicht die Möglichkeit besteht, Fahrzeugarten (Lkw bei Berufskraftfahrern, Traktor bei Landwirten) vom Fahrverbot auszuschließen;
  3. wenn das Fahrverbot die berufliche Existenz vernichtet;
  4. wenn der Fahrer schwer behindert oder ein Pflegefall ist und deswegen die Fahrerlaubnis selbst benötigt,
  5. wenn die Nutzung von öffentlichen Nahverkehr und Taxi nicht möglich ist
  6. oder wenn für die Dauer des Fahrverbotes kein Fahrer (= Aushilfskraft) angestellt werden kann.
  7. OLG Bamberg soll, wenn kein Fahrer angestellt werden kann, eine negative Kreditauskunft der Hausbank verlangen.

Sofern der Nachweis vom Fahrerlaubnisinhaber erbracht wird, wird bei der ersten Tat das Fahrverbot durch die Verdoppelung des Bußgeldes ersetzt, z.B. 320,00 € statt 160,00 €,1 Monat Fahrverbot und 2 Punkte bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 31 - 40 km/h innerorts (§§ 3 III, 49 StVO; 24,25 a StVG, 11.3.6 BKat, 4 I BKatV).

Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen:

Um möglichen Gefahren für den Straßenverkehr entgegenzuwirken, fordert die Fahrerlaubnisbehörde bei Informationen durch Nachbarn, Polizei oder anderen Behörden den Autofahrer auf, eine Stellungnahme zum Alkoholmißbrauch, Mißbrauch von Suchtstoffen oder körperlichen Gebrechen abzugeben. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 21.05.2008 (3 C 32.07, veröffentlicht bei Open iur) in Ziffer 4 seiner Entscheidung darauf hingewiesen, dass Alkoholmißbrauch vorliege, wenn das Führen von Kfz nicht hinreichend sicher von einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum getrennt werden kann (Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung /FeV). Es muß nicht einmal zur Trunkenheitsfahrt gekommen sein. Häufiger Alkoholkonsum führe zur Gewöhnung an die Giftwirkung und damit zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung und des dadurch ausgelösten Verkehrsrisikos. Eine Veränderung des Trinkverhaltens müsse stabil und motivrational gefestigt sein und Trunkenheitsvorfälle dürfen kein Ausdruck eines Kontrollverlustes sein. Bevor die Fahrerlaubnisbehörde Ostholstein dann eine MPU anordnet, wäre sie mit einer Stellungnahme eines nicht den Kraftfahrer behandelnden Internisten zufrieden, der einen chronischen Alkoholmißbrauch verneint (21.03.2017, 2.22-40/3).

Die Fahrerlaubnisbehörde kann eine MPU ohne Trunkenheitsfahrt bei charakterlichen Schwächen verlangen, z.B. bei hohem Aggressionspotential (Körperverletzung, Sachbeschädigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei 2,7 Promille) und bei ungehemmten Alkoholeinfluß (Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 12.09.2012, Az.: 7 L 896/12, im Internet veröffentlicht; VGH München, BeckRS 2019, 30509).

Trennung von Cannabiskonsum und Führen eines Kfz:

Gelegentlicher Konsum von Haschisch schließt die Fahreignung aus, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betroffene den Drogenkonsum und das Führen eines Kfz nicht trennen kann (OVG Schleswig, Urteil 12.09.2000, 4 L 30/00). Zunächst kann die Behörde einen Drogenscreening und bei gewohnheitsmäßigem Konsum eine MPU anordnen. Dies geht nicht, wenn der Betroffene durch gelegentlichen Konsum ohne Bezug zum Straßenverkehr aufgefallen ist (OVG Bremen, Beschluß vom 06.03.2000, 1 B 61/00).

Gelegentlicher Konsum liegt vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen. Eine Trennung scheidet aus, wenn er fährt und der THC Wert eine hierdurch bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht ausschließen kann.

Die Behörde kann nach§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b FeV erst bei der zweiten Zuwiderhandlung ein MPU Gutachten fordern (VGH München, Beschluss vom 29.08.2016, 11 CS 16.1460).

Einnahme von Kokain ohne Kenntnis:

Einem Mandanten soll 1-2 g Kokain ohne sein Wissen in ein Mischgetränk in einer Lübecker Disco beigemengt worden sein, so dass er bei der späteren Blutkontrolle neben 0,6 Promille noch 0,23 ng/ml des Abbauproduktes Benzoylecgonin im Blut hatte. Beim MPU Test am 17.03.2023 sagte er, seit dem 27.04.2022 verzichte er vollständig auf Drogen, zuvor nur zweimal Marihuana probiert und jetzt nichts mehr mit Alkohol und Drogen zu tun zu haben.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg glaubte in einem vergleichbaren Fall dem Kläger nicht, dass Dritte Kokain in sein Glas ohne sein Wissen gegossen hätten und gaben diesem die Fahrerlaubnis nicht wieder (Beschluß vom 01.09.2020 - 7 B 2242/20 , Blutprobe enthielt 0,59 ng/ml Bezoylecgonin).

Hintergrundwissen des Verwaltungsrichters, des MPU-Prüfers und des Sachbearbeiters bei der Fahrerlaubnisbehörde;

Kokain wird nur in Südamerika angebaut und kann nicht in Deutschland selbst produziert werden. 2021 kostete ein Gramm Kokain auf dem Schwarzmarkt 75 €. Der unbekannte Dritte mußte somit ca. 150,00 € für 2 g investiert haben, um das unwissende Opfer zu schädigen. Dies ist sehr kostspielig und könnte durch Speed oder Crack wesentlich billiger erreicht werden, wobei das Abbauprodukt hier nur auf Trinken von Kokain hinweist. Es ist nur 6 Stunden nachweisbar und hat eine Halbwertszeit von 90 Minuten.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg verlangt deshalb in solch einem Fall die sehr genaue Schilderung der Umstände, weshalb ein Dritter dem Opfer Kokain in das Glas getan haben soll. Insofern wird es für den Mandanten nach einem Jahr schwer, auf die Frage wahrheitsgemäß zu antworten, wie er es tatsächlich damals mit dem Drogenkonsum gehalten habe.

Ärztliche Verordnung von Cannabis (Arzneimittelprivileg):

Seit Ende 2017 darf Cannabis zur Behandlung verschrieben und somit können Fahrzeugführer leicht mit 17 ng/ml THC bei einer Blutprobe überführt werden, was mit einem Bußgeld von 500,00 €, 25,00 € Verwaltungsgebühren und ca. 308,00 € Aufwendungen geahndet wird.

Beim Einspruch gegen den Bescheid oder im Eignungsverfahren mit Vorlage eines MPU Gutachtens muß auf die Anforderungen im aktuellsten Beschluß des VGH München vom 28.04.2019 - 11 B 18.2482 (veröffentlicht bei iur.org.de zu § 24 a StVG) verwiesen werden:

1. Der Fahrzeugführer muß eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, ab wann er Cannabis in welcher Form (Inhalation,  Vaporisation oder zum Verbrennen/Rauchen) und in welcher Dosierung einnehmen darf. Ferner muß die Tagesdosis aufgeführt werden. Der VGH München verbietet in seinem Beschluß vom 29.04.2019 -11 B 18.2482 eine andere Einnahme anders als in der ärztlichen Verordnung aufgeführt.

2. Außerdem eine Verschreibung vor dem Fahrtzeitpunkt. Illegaler Besitz zuvor spielt bei der Beurteilung der Fahrfähigkeit keine Rolle.

3. Der Fahrer darf keine Beeinträchtigung aufweisen (Einbußen der Konzentration, Gleichgewichtsstörungen, Trägheit oder Apathie), was sonst einen Verstoß gegen Nr. 151 des Anhangs III zur 3. Führerschein-Richtline mit den Mindesanforderungen darstellt.

4. Keine mißbräuchliche Einnahme vor der Fahrt (übermäßiger Konsum, zu hohe Dosis, andere psychoaktiv wirkende Stoffe oder Arzneimittel) und nur gemäß Verschreibung. AG Hamburg St. Georg (950 OWi 230/10) verlangt mit Beschluß VGH München vom 29.04.2019 - 11 B 18.2482 in RN 29 eine Verordnung nach neun Rezepturformeln, darunter kein Rauchen eines Joints.

Unserer Rechtsansicht bietet dies folgende Vorteile: Verdampftes Cannabis verursacht wegen der höheren THC Konzentration Rausch und Schwindel, welches die Fahreignung einschränkt, ebenso führt es zu trockenen und roten Augen. Es treten häufiger paranoide Zustände, Herzrasen, Angstzustände, Nervosität und Gedächtnisschwäche auf. CBD des Rauches wirkt Psychoaktivität entgegen, hat somit einen beruhigenden und muskelentspannenden Effekt auf den Körper. Im Verdampfer muß erstmal ein Rausch aufgebaut werden, um die entspannende Wirkung zu erreichen. Bei defektem oder nicht mehr aufladbaren Verdampfer kann die Medikation nicht sofort fortgeführt werden. Zudem ist das Rauchen nach Aussage des Herstellers Bedrokan die gängigste Konsummethode.

Trotzdem hat der Strafrichter beim AG Hamburg St.Georg die Ordnungswidrigkeit am 7. Jan.2020 bestätigt, weil der Mandant geraucht statt verdampft hat, wie in der Verschreibung gefordert.

Anderenfalls hat der Fahrer seine Fahreignung nach § 11 Abs. 7 iVm Nr. 94 der Anlage 4 zur FeV verloren.

Anordnung einer Fahrprobe:

Sowohl das Verwaltungsgericht Würzburg (Beschluß vom 13.02.2014 - W 6 S 14.62) als auch der VGH Baden Würtenberg (Beschluß vom 27.07.1990 - 10 S 1428/90) halten bei älteren Kraftfahrern eine langjährige Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr für sich genomme für keine Garantie für eine fortdauernde Fahreignung. Auch unfallfreies Fahren sei kein Indiz. Befunde müssen nicht vorliegen, es reicht eine Fahrweise, die bei Polizisten ein so hohes Maß an Unsicherheit hinterläßt, das der Fahrerlaubnisbehörde eine Aufklärung geboten erscheinen durfte. Die Behörde muß mit verkehrsrechtlichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nicht bis zum handfesten Anlaß warten, weil menschliche Alterungsprozesse zum Absinken der Leistungsfähigkeit führen. Fahrprobe kann Zweifel am geeignetsten aufklären, wenn ein amtsärztliches Gutachten die Eignung bejaht (Führerscheinstelle Eutin, Überprüfung vom 07.12.2021, 3.22.1-4073).

 

Radfahrer sind mit 1,6 Promille ungeeignet zum Führen, E-Bikes unter 250 NW Belastung sind Fahrräder, darüber Kfz. e-Sccooter mit Muskelkraft fortbegen stellen Tretroller dar. Für sie und Inline-Skates gelten die Fußgängerregeln.

Beeinträchtigung durch Altersdemenz (Kreis OH 3.22.2-403/Dez.2023; 7506/23):

Das Gesundheitsamt erstattet auf Antrag der Fahrerlaubnisbehörde ein Gutachten nach einer Untersuchung. Bei unserem Mandanten wurde bereits sechs Jahre zuvor eine Gedächtnisstörung festgestellt. Aufgrund dessen wurden das Einhalten von Terminen, das Kochen und das Beachten von Uhrzeiten vergessen. Das letzte MRT des Kopfes vor vier Monaten zeigte Anzeichen, die die Wahrscheinlichkeit der Diagnose einer Demenz von Alztheimer Typ stützen. Dagegen werden Medikamente eingenommen.

Die neurologische Untersuchung ergab ein kurzschrittiges Gangbild. Der Mini-Mental-Status Test, ein kurzer Test zur Überprüfung der kognitiven Fähigkeiten, ergab eine Punktzahl von 20, was deutliche Anzeichen einer dementiellen Erkrankung nahelegt. Der Uhren-Test nach Shulman, der viuospatiale und exekutive Funktionen beurteilt (Gedächtnisbeeinträchtigung), ergab eine Punktzahl von 2 von 7, was ebenfalls deutlich auffällig ist. Die Sehschärfe war stark reduziert und das Gesichtsfeld bei Einschätzung der Fingerperimentrie leicht eingeschränkt. Diese Defizite führen zu verminderter Reaktionsfähigkeit, erhöhter Ablenkbarkeit und geringere Anpassungsfähigkeit an veränderte Verkehrssituationen. Somit entfällt die Fahrtauglichkeit.

In einem anderen Fall teilte mir die zuständige Sachbearbeiterin am Di., den 19.03.2024, telefonisch mit, dass die Betroffenen auch ein Gutachten von einem Hausarzt vorlegen können, der sie nicht zuvor behandelt hat. Dieses Gutachten muß ausführlich sein, es wäre gut, wenn der Arzt ein paar Teste gemacht hat. In Neustadt macht dies auch Dr. Boguschewski.

 

Verkehrsstrafrecht:

1. Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)

Schutzgut ist die Sicherheit des Verkehrs, so dass der Weg, Platz oder das Grundstück für den Verkehr freigegeben worden sein muß. Nicht der hintere Teil eines Betriebsgeländes, der allein der An- und Ablieferung von Waren dient und durch eine Schranke abgesperrt ist (LG Arnsberg, Beschluß vom 25.10.2016, 2 Qs 71/16). Das Fahrzeug muß in Bewegung gesetzt worden sein. Segway ist ein Fahrzeug (OLG HH, Beschluß vom 19.12.2016, 1 REV 76/16) Absolute Fahruntüchtigkeit bei 1,1, bei Radfahrern bei 1,6 Promille. Relative Fahruntüchtigkeit liegt darunter oder bei Rauschmitteln. Neben dem Blutwirkstoffbefund müssen weitere aussagekräftige Beweisanzeichen vorliegen, die die Gesamtleistungsfähigkeit des Pkw-Führers herabgesetzt haben, sein Fahrzeug sicher zu steuern (BGH; Beschluß vom 02.06.2015, 4 StR 111/15).

Vorsatz:

Der Fahrzeugführer muß mit seiner Fahruntüchtigkeit rechnen und sich damit abfinden. Fahrlässig handelt er, wenn er seine Fahruntüchtigkeit nicht kannte, sie aber hätte erkennen müssen.

2. Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c StGB)

Neben der Verkehrsicherheit ist Schutzgut Leben, Leib und fremdes Eigentum von bedeutendem Wert (ab etwa 750,00 € - BGH, Beschluß vom 28.09.2010, 4 StR 245/10). Fahruntüchtig, mit geistigen Mängeln oder übermüdet sowie grob verkehrswidrig (= besonders schwerer Verstoß gegen Verkehrsvorschrift) muß er gefahren sein. Die sieben Verstösse werden in der Norm aufgezählt. Ein falsches Fahren beim Überholvorgang liegt vor, wenn der Fahrer die zulässige Geschwindigkeit nicht einhält und ein Anhalten innerhalb der übersehbaren Strecke unmöglich ist (BGH, Beschluß vom 22.11.2016, 4 StR 501/16), ebenso, wenn er rechts auf dem Bürgersteig an haltenden Fahrzeugen vorbeifährt (BGH, Beschluß vom 15.09.2016, 4 StR 90/16). Es fehlt an der Verursachung, wenn der Unfall auch ohne die Fahruntüchtigkeit eingetreten wäre. Vorsatz oder Fahrlässigkeit hinsichtlich des Gefährdungsteiles oder fahrlässige gesamte Begehung reichen aus.

 

3. Unfallflucht (§ 142 BGB)

Dient der Aufklärung von Verkehrsunfällen und dem Beweisverlust entgegenzuwirken.Unfall ist ein plötzliches Ereignis im Straßenverkehr. Beteiligt ist auch der Beifahrer, wenn er die Handbremse gezogen hat, oder der Pkw-Eigentümer, wenn er den ungeeigneten Fahrer hat fahren lassen. Der Beteiligte muß den Unfallort verlassen haben, sich dort verstecken reicht nicht aus, ebenfalls nicht, wenn er bewußtlos ins Krankenhaus oder gegen seinen Willen entfernt worden ist.

Beschädigung von Sachen mit bedeutendem Wert:

Wert lag früher bei 1.300,00 € (2002 = Verbraucherindex 88,6)

2010 = 100
2015 = 106,9

somit bei 1.568,45 € ab 2016 LG Braunschweig Urteil vom 03.06.2016, 8 Qs 113/16; LG Krefeld Urteil vom 23.03.2016, 21 Qs 47/16 sogar bei 1.625,00 €, dort herrschte Dunkelheit, so dass der Schaden nicht genau zu beziffern war und selbst die Polizei ging nur von 700,00 € aus. Wartezeit am Unfallort bei erheblichen Sach- und Personenschaden: mindestens eine Stunde, ansonsten 10 bis 15 Minuten, bis mit dem Eintreffen feststellungsbereiter Personen am Unfallort zu rechnen ist (OLG Köln, Beschluß vom 06.03.2001, Ss 64/01). Entschuldigt ist der Täter, wenn er am Ort Daten zur Person und Kontaktmöglichkeit hinterlassen hat. Er kann dies auch unverzüglich nachholen, Unfall bis 9 Uhr, Meldung bei der Polizei bis 15 Uhr.

Entschädigungspflicht des Staates nach § 2 II 4 StrEG für Schäden, die ein nicht Verurteilter durch Führerscheinmaßnahmen erlitten hat.

Gnadengesuch bei Widerruf von Bewährungszeit:

Geldstrafe kann bei Inhaftierung auch noch mit Blitzüberweisung bezahlt werden, um nach einer Stunde wieder freizukommen. Bei dem Bewährungswiderruf ist dies nicht möglich. Ein Antrag nach § 33 a StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Nichtgewährung rechtlichen Gehörs ist unzulässig (Beschluß AG Lübeck vom 02.10.2023 BWR 88 Ls 725 Ja 21267/20).

Verbleibt ein Gnadengesuch, welches bei der zuständigen Staatsanwaltschaft zu stellen ist. Die Rechtspflegerin in Lübeck schickt das Gesuch an die JVA und an das zuständige Gericht zur Einholung von Stellungnahmen, die sie dann an das Justizministerium übersendet, wo ein Abteilungsleiter über das Gesuch entscheidet.

Unabhängig davon entscheidet die JVA allein, ob der Gefangene sofort Freigang erhält und weiterhin seiner Arbeit nachgehen kann.

Gesetzesänderungen ab Juli 2017:

Nach § 44 StGB kann Tätern von Delikten, die nichts mit dem Straßenverkehr zu tun haben, die Fahrerlaubnis bis zu 6 Monaten entzogen werden, z.B. bei einem Diebstahl.

§ 81 a II StGB erlaubt der Polizei, bei Indizien, die für eine Trunkenheitsfahrt sprechen, auch ohne die vorherige Anrufung eines Richters eine Blutprobe anzuordnen.