Mietrecht
Die Miete ist ein gegenseitiger Vertrag, durch den sich der Vermieter zur Überlassung des Gebrauchs einer Sache gegen Zahlung eines Mietzinses verpflichtet (§ 535 BGB).
Pacht berechtigt zur Fruchtziehung,
Leihe ist unentgeltliche Vermietung,
Verwahrung umfaßt nur eine Obhutspflicht.
Ein Mietvertrag über eine Wohnung bedarf der Schriftform, wenn er über eine längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen wird. Sonst gilt er für eine unbestimmte Zeit und kann frühestens zum Ablauf eines Jahres gekündigt werden (§ 550 BGB).
Vermieter (natürliche Personen, mehrere Personen, juristische Personen: KG, GmbH) und Mieter müssen alle im Mietvertrag namentlich aufgeführt werden und am Ende der einheitlichen Urkunde unterzeichnen. Ebenfalls muß die Kündigung von allen Vermietern/Mietern unterschrieben werden, weil dafür Schriftform bei Wohnungen erforderlich ist (§ 126 BGB).
Wenn eine Befristung der Mietzeit in das Formular aufgenommen wird und keiner der drei berechtigten Gründe aus § 575 BGB (Nachvermietung an Familien- oder Haushaltsangehörige, Instandsetzung erheblich erschwert oder Nachvermietung an einen zur Dienstleistung verpflichteten) vorliegt, ist die Befristung unwirksam. Der Grund der Befristung muß bei Vertragsschluß schriftlich vom Vermieter mitgeteilt werden.
Es liegt dann ein unbefristetes Mietverhältnis vor. Eine Vereinbarung zum Nachteil des Mieters ist nach Abs. 4 der Norm unwirksam.
Nebenkosten:
Es handelt sich dabei um wiederkehrende Kosten, die in der Betriebskostenverordnung aufgeführt werden und die kraft Vereinbarung im Mietvertrag auf den Mieter vereinbart umgelegt werden. Verwaltungs- und Instandhaltungskosten können nur bei Gewerberaummiete auf den Mieter abgewälzt werden. Die Mietkaution darf bei Wohnraum nur den dreimaligen monatlichen Nettomietzins ausmachen (§ 551 BGB).
Betriebskosten können als Pauschale oder angemessene Vorauszahlungen ausgewiesen werden. Über die Vorauszahlungen muß bis zum Abschluß des folgenden Kalenderjahres abgerechnet werden, sonst kann der Vermieter keine Nachzahlung verlangen. Einwendungen dagegen hat der Mieter innerhalb eines Jahres ab deren Zustellung zu erheben (= Ausschlußfrist / § 556 II BGB).
Wenn die Abrechnung bis zum Ablauf des Folgejahres nicht vorliegt, kann der Mieter die weiteren Vorauszahlungen einbehalten, aber die abgerechneten nicht zurückfordern (BGH NJW 2005, 2552 mwN). Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat er einen Rückzahlungsanspruch, soweit während des Mietverhältnisses ein Zurückbehaltungsrecht nicht möglich war (BGH, Urteil vom 26.09.2012, VIII ZR 315/11, abgedruckt in NJW 2012, 3508). Diese ergänzende Vertragsauslegung beruht auf der Überlegung, dass der Vermieter sonst in der Lage wäre, die Fälligkeit eines Erstattungsanspruches des Mieters nach Belieben hinaus zu zögern, so dass die Abrechnungsfrist ohne Bedeutung wäre. Primär sind die Kosten nach Wohnfläche umzulegen, wenn keine Verteilung nach der Personenanzahl vereinbart worden oder eine Verbrauchserfassung möglich ist. Die Miete samt Nebenkosten ist bis zum dritten Werktag fällig (§ 556 b BGB).
Nach BGH (Urteil vom 08.03.2006, VIII ZR 78/05) muß der Vermieter/Verwalter dem Mieter keine Kopien von der den Abrechnungen zugrunde liegenden Belegen schicken. Einsichtnahme reicht aus, damit gleich Fehlverständnisse im Gespräch ausgeräumt werden können und nicht nochmals weitere Kopien angefordert werden. Der Mieter darf sich bei der Durchsicht fachkundiger Hilfe bedienen. Es muß ihm aber zumutbar sein, zum Vermieter zu fahren. Sofern der Weg über 100 km liegt, muß der Vermieter auf Anforderung Kopien schicken.
Eine Änderung der Umlage muß zwischen den Mietparteien vereinbart werden, kann nach BGH (Urteil vom 10.10.2007, VIII ZR 279/06) auch durch stillschweigende Änderung durch Zahlung des Mieters zustande kommen, wenn weitere Umstände hinzutreten. Die Zahlung zeigt nur die Vorstellung des Mieters an, zur Zahlung verpflichtet zu sein. Weitere Umstände sind: Vermieterwechsel und der neue Vermieter rechnet weitere Positionen ab; der Mieter übernimmt bei einer Doppelhaushälfte seit Einzug die Bezahlung von Energieleistungen direkt gegenüber einem Lieferanten.
Es darf angemessen nach Personenanzahl, wenn diese genau bestimmt werden kann, oder nach Wohnfläche (= Grundfläche) abgerechnet werden. Nach § 2 Absatz 3 Ziffer 1. b. der Wohnflächenverordnung sind Dachböden als Zubehörräume außerhalb der Wohnung nicht als Wohnfläche zu werten. Sie gelten doch als Wohnfläche, wenn sie nach § 47 der Landesbauverordnung SH eine lichte Raumhöhe von 2,30 m haben und die Fensterfront im Dachboden mindesten 1/8 der Nettogrundfläche des Dachbodens beträgt. Bei einem 100 qm großen Dachboden, auch wenn er nicht ausgebaut ist, muß das Fensterglas mindestens 1/8 also 12,5 qm groß sein, was einer Fensterfläche von 3 x 4,2 entspricht.
Klatsche im Urteil AG Oldenburg vom 16.09.2024/33 C 129/24: Offenstehende Hauseingangstür, nicht mit vermieteter Gemeinschaftsraum mit defekter Waschmaschine oder Fahrradkeller rechtfertigen keine Mietzinsminderung, ebenfalls nicht die Umlage des Wasserverbrauchs bei vielen Ferienwohnungen im Gebäude. Dann kann nur die Nebenkostenabrechnung gemindert werden.
Dürfen Vermieter bei Mietschulden die Heizung oder den Strom abstellen? Nein, da die Versorgung nicht nachholbar ist. § 320 (Nicht erüllter Vertrag) oder 273 BGB (Zurückbehaltungsrecht) setzen eine nachholbare Leistung voraus (KG, Urteil vom 23.10.2014, 8 U 178/14), da beide Paragraphen die Zurückbehaltung nur solange erlauben, wie der Mieter nicht zahlt. Anders bei beendeten und wirksam gekündigten Mietverhältnissen, da die Pflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung endete. Wenn bei einer Interessenabwägung dem Vermieter ein hoher Schaden droht, er dem Mieter sein Handeln frühzeitig androht und der Mieter keine Gesundheitsgefährdung erleidet und er keinen Vollstreckungsschutz hat, darf der Vermieter die Versorgung abstellen (BGH; Urteil vom 06.05.2009, XII ZR 137/07).
Mieterhöhung:
Der Vermieter kann den Mietzins bei einer fehlerfreien Wohnung nach einem bestimmten Verfahren erhöhen. Er kann dabei Bezug nehmen auf den örtlichen Mietspiegel, ein Gutachten eines Sachverständigen (Kosten 1.800,00 bis 2.500,00 €) oder drei Vergleichswohnungen anführen. Diese sind meist renoviert und neu zu einem höheren Mietzins vermietet. Wenn der Mieter nicht mit der Erhöhung einverstanden ist, wird der Vermieter eine Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung einreichen müssen. Das Amtsgericht holt dann ein Sachverständigengutachten über die Höhe der angemessenen Miete ein. Der Gutachter sieht sich die Wohnung an und legt den qm Mietzins fest. Eine Klage ohne Rechtsschutzversicherung oder Prozeßkostenhilfe ist für den Mieter sehr risikoreich.
§ 557 BGB verlangt für die Mieterhöhung eine Vereinbarung zwischen den Mietparteien. Nach der nachfolgenden Norm kann der Vermieter die Zustimmung des Mieters verlangen, wenn die Miete in dem Zeitpunkt, in dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist. Das formelle Erhöhungsverlangen ist im Gesetz genau beschrieben und der Vermieter muß bei Ablehnung oder Schweigen seines Mieters innerhalb von drei Monaten eine Zustimmungsklage beim zuständigen Amtsgericht erheben. Dort wird der Richter dann ein Gutachten einholen und die unterlegene Partei trägt dann die relativ geringen Verfahrenskosten (= Streitwert für die Gebühren ist die jährliche Nettoerhöhung), aber auch die hohen Gutachterkosten. Diese hindern meistens den Widerspruch des Mieters. Die Miete kann auch nur ab 15 Monaten nach der letzten Erhöhung um höchstens 20 % und bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben werden. Die Landesregierung kann durch Verordnung eine nur 15 % Erhöhung für bestimmte Gebiete festsetzen, wenn dort die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen gefährdet ist.
§§ 558 f. BGB regeln die Mieterhöhung nach den Grenzen eines örtlichen Mietspiegels, z.B für Neustadt, Schönwalde oder Grömitz. Im März 2023 lag in Neustadt in Holstein der qm Preis bei 11,10 €.
Neu ab Januar 2019: Nach § 559 BGB dürfen die reinen Modernisierungskosten den Kaltmietzins um 8 % jährlich erhöhen. Nach BGH, Urteil vom 17.12.2014 zum Az. VIII ZR 88/13 RN 32 bei Open jur muß die Mieterhöhungserklärung ausreichende Angaben zum Anteil der Instandsetzungskosten enthalten, die nicht auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Wird z.B. eine 22 Jahre alte Gaszentralheizung durch eine Brennwerththerme ersetzt, können von den 7 T€ Austauschkosten 4.000,00 € umgelegt werden. 3.000,00 € kostet eine vergleichbare einfache Gasheizung. 8 % von 4.000,00 € sind 320,00 €, diese geteilt durch 12 Monate ergibt eine Erhöhung von 26,56 € pro Monat, die drei Monate nach Eingang der Erhöhungsanforderung mit Erläuterung (§ 559 b Abs. 2 BGB) verlangt werden können.
Neu ab Januar 2024: Nach dem Heizungsgesetz dürfen nicht mehr als 50 Cent pro qm umgelegt werden, also bei einer 90 qm Wohnung x 0,35 € = 31,50 € bei Einbau einer Wärmepumpe. Bei Einbau einer Heizungsanlage mit Speicherung 3 € pro qm, oder 2 €, wenn Kaltmiete unter 7 € pro qm liegt. Bei Förderungsgeldern an den Vermieter darf dieser 10 % der Kosten auf die jährliche Miete umlegen, wovon zunächst die Förderung abgezogen werden muß. Instandhaltung wird mit 15 % pauschaliert. Bis zum 30.09.2025 müssen erstmalig Verbrauchserfassungsgeräte eingebaut werden (Quelle: Haus- und Grund Nachrichten 11/2023).
Kündigung des Mietvertrages:
Sie hat schriftlich zu erfolgen (§ 568 BGB). Der Vermieter hat den Mieter auf die Möglichkeit des Widerspruches hinzuweisen, wenn die Kündigung für den Mieter eine unzumutbare Härte darstellen würde. Als Beispiel wird aufgeführt, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Es erfolgt eine Gesamtabwägung auch der Interessen des Vermieters. Wenn aus wichtigem Grund (Beleidigung, zweimonatiger Verzug mit der Nettomiete) fristlos gekündigt wird, liegt keine Härte vor.
Sonst kann der Mieter eine angemessene Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, notfalls durch ein Urteil. Der Widerspruch ist schriftlich spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses zu erklären (= Ausschlußfrist/ § 574 b II BGB). Wenn der Hinweis in der Kündigung fehlt, spätestens im ersten Termin des Räumungsprozesses.
Eine ordentliche Kündigung des Vermieters ist nur bei einer erheblichen Pflichtverletzung des Mieters möglich, bei Eigenbedarf für Familienmitglieder (auch für die Nichte) zum Zeitpunkt der Räumungsfrist oder, wenn der Vermieter an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert ist und dadurch erhebliche Nachteile erleidet. Die Gründe sind in der Kündigung anzugeben, andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit diese nachträglich entstanden sind (§ 564 b III BGB).
Eigenbedarfsbeschreibung:
Der BGH hat in seinem Urteil vom 22.05.2019 - VIII ZR 180/18 -, abgedruckt bei openJur im Internet, in Randnummer 23 seiner Entscheidungsgründe aus Sicht des Vermieters eine objektive Notwendigkeit der Nutzung der vermieteten Wohnung gefordert. Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung künftig selbst nutzen oder nahen Verwandten zur Verfügung stellen will und dies auf vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen basiert. Die Fachgerichte haben diesen Wunsch zu achten und ihrer Rechtsprechung zugrunde zu legen. Er muß ernsthaft verfolgt werden und darf nicht rechtsmißbräuchllich sein. In RN 27 wurde dem Vermieter erlaubt, zwei Wohnungen zusammenzulegen (Kündigung der 75 qm Wohnung zum 22.01.2016 und der 65 qm am 03.03.2017).
Entfällt der Eigenbedarf nach der Kündigung vor dem Auszug der Mieter, muß der Vermieter dem Mieter die Wohnung nochmals anbieten. Sonst muß er Schadensersatz (Umzugskosten, Renovierungskosten der neuen Wohnung und Mietzinsdifferenz für einen angemessenen Zeitraum) an den Mieter zahlen. Die Mietwohnung in einem Haus mit zwei Wohnungen, in dessen einer der Vermieter selbst wohnt, kann auch ohne eines berechtigten Interesses gekündigt werden (§ 573 a BGB). Dies gilt nicht, wenn das Gebäude verkauft werden soll, weil dann nach Auszug des Vermieters die Spannungslage wegfällt (LG Duisburg; Urteil vom 18.01.2005, 13 S 333/04; AG Bergheim, Urteil vom 03.01.2012, 22 C 205/10, beide bei Openjur) Kein Mieterschutz bei möblierten Zimmern in der vom Vermieter bewohnten Wohnung (§ 549 II BGB).
Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigungsfrist verlängert sich nur für den Vermieter nach fünf und acht Jahren seit der Überlassung des Wohnraumes um jeweils drei Monate (5 Jahre = 6 Monate; 8 Jahre = 9 Monate/§ 573 c BGB). Nur bei Wohnraum zum vorübergehenden Gebrauch kann eine kürzere Frist vereinbart werden, ebenso bei möbliertem Wohnungen, wenn diese Teil der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung ist ( § 549 II 2 BGB).
Eine fristlose Kündigung ist aus wichtigem Grund möglich. Die Gründe werden im Gesetz nicht aufgezählt, sondern es werden alle Tatsachen bei einer Interessenabwägung herangezogen.
Nach § 569 IV BGB ist der wichtige Grund im Kündigungsschreiben anzugeben.
Aufgezählt wird ein Verzug mit zwei Monatskaltmieten. Es genügt, wenn der Mieter erkennen kann, von welchem Rückstand der Vermieter ausgeht. Bei einer einfachen Sachlage muß der Gesamtbetrag beziffert werden. Bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Positionen muß nachvollziehbar mitgeteilt werden, welche konkreten Zahlungsrückstände der Kündigung zugrunde liegen oder welchen Zeitraum der Mieter Zahlungen nachweisen muß. Es muß nicht dargelegt werden, welche Mietminderung oder Aufrechnung berücksichtigt worden ist. Diese Berechnung bleibt dem Gerichtsverfahren vorbehalten. Die dem Mieter bekannten Tatsachen müssen nicht im Kündigungsschreiben mitgeteilt werden (BGH, Urteil vom 12.05.2010, VIII ZR 96/09; AG Oldenburg, Beschluß vom 14.11.2016, 33 C304/16).
Widerspruch des Mieters wegen Härte (§§ 574,574 a BGB):
Der BGH hat im Urteil vom 20.10.2004, VI ZR 246/03 (Open jur 2012, 57544) festgestellt, dass die Kündigung nicht zu rechtfertigen sei, wenn die Mieterin schwer krebskrank ist. Angesichts des Alters der Mieter (81 und 82 Jahre) würde ein Umzug negative physiche und psychische Belastungen mit sich bringen. Im Urteil vom 22.05.2019, VI ZR 180/18 wird das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert, weil die Mietzeit 40 Jahre, die Mieterin dement, und die Verwurzelung ihren gesundheitlichen Zustand verschlechtern könnte. Zeitpunkt für die Beurteilung ist die letzte mündliche Verhandlung (RN 37 Entscheidungsgründe). Nachteile wegen Umzug müssen sich von einem mit Wohnungswechsel typischen Unannehmlichkeiten deutlich abheben (BGH Urteil vom 22.05.2019, s.o., RN 44). Dort hatte nach 40 Jahren die Verwurzelung Auswirkungen auf die Demenzerkrankung der Beklagten, die vom Sachverständigen hätte genauestens beschrieben werden müssen. Der Mieter muß zuvor Feststellungen darüber vorlegen.
Bei einer angespannten Wohnungssituatuion ist dem Mieter zuzumuten, sich mit Hilfe von Verwandten oder Bekannten, oder öffentlichen oder privaten Stellen sowie durch Inanspruchnahme geeigeneter Medien (Zeitungsannouncen, Internet) ernsthaft und nachhaltig um eine angemessene Ersatzwohnung auch im angrenzendem Gemeindegebiet zu bemühen (RN 55). Gelegentliche Versuche reichen nicht aus. Bei der Abwägung ist die Eigentumsgarantie des Vermieters und beim Mieter zu berücksichtigen, ob die Härtefallgründe später wegfallen würden.
Räumungsklage:
Wird der Mieter beim örtlich zuständigen Amtsgericht auf Räumung verklagt, kann er eine angemessene Räumungsfrist beantragen, die der Richter ihm nach eigenem Ermessen einräumt. Dieser Antrag kann bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden.
Wegen Zahlungsverzuges können 2 Monate vertretbar sein, wenn die offenen und folgenden Zahlungen pünktlich erbracht werden, bei Mietnomaden ist dem Vermieter keine weitere Frist zuzumuten. Ein Verlängerungsantrag kann bis zu zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist schriftlich beim Prozeßgericht gestellt werden (§ 721 III ZPO).
Die Klage könnte unbegründet sein und zurück gewiesen werden, wenn dem Mieter keine Schuld am Zahlungsverzug trifft, weil z.B. das Jobcenter nicht fristgemäß die Miete gezahlt hat, oder der Wohnungsmarkt zu angespannt ist. Dann muß der Mieter alles tun, um ab Erhalt der ordnungsgemäßen Kündigung eine neue Wohnung zu finden. Genau aufzeigen, wann er in welcher Zeitung oder im Internet, welcher Anzeige nachgegangen ist; Nachbarn und Bekannte nach einer neuen Wohnung fragen; sich bei den örtlichen Baugenossenschaften oder denen in der Umgebung erkundigt oder in die Warteliste eingetragen haben (Beck, Kommentar 01.10.2021, § 574 RN 30,31; AG Oldenburg i.H., Beschluß vom 01.04.2022, 21 C 157/21).
Schonfristzahlung und BGH:
Die Kündigung wird nach § 569 III BGB unwirksam, wenn der Mieter innerhalb von zwei Monaten ab Rechtshängigkeit ( = Zustellung der Klage beim Mieter) die offenen Beträge nachzahlt und dann weiterhin pünktlich zahlt.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 10.10.2012 (VIII ZR 107/12) dann aber die ordnungsgemäße Kündigung wegen erheblicher Pflichtverletzung für begründet gehalten, wenn der Mieter mit mehr als einer Monatsmiete länger als einen Monat rückständig sei. Deshalb sollte dann immer neben der fristlosen die ordnungsgemäße Kündigung ausgesprochen werden.
Zwangsvollstreckung durch Einweisung in den Besitz:
Um die Vorauszahlungskosten beim Gerichtsvollzieher für den Abtransport und die Einlagerung der Möbel des Mieters zu sparen, erlauben §§ 885 I und 885 a ZPO die Einweisung des Vermieters in den Besitz des Mieters. Der Gerichtsvollzieher bricht dann mit dem Räumungsurteil die Wohnung des säumigen Mieters auf und der Vermieter kann die dort noch befindlichen Gegenstände dem Sperrmüll zuführen. Zuvor muß er dem Mieter die Chance bieten, die Gegenstände auszulösen.
Haftung für den Mitmieter:
Wenn mehrere Personen die Wohnung zusammen gemietet haben, können diese die Wohnung nur gemeinsam kündigen. Anderenfalls muß der eine Mieter, der die Wohnung und das Mietverhältnis verlassen will, einen Entlassungsvertrag mit dem Vermieter vereinbaren.
Sofern sich die anderen Mitmieter weigern, den Mietvertrag zu kündigen, müssen sie vom ausziehenden Mieter auf Zustimmung zur Kündigung nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist von drei Monaten verklagt werden.
Gefahrhinweis: Der ausgezogene Mitmieter, der ordnungsgemäß mit den anderen gekündigt hat, haftet weiterhin für alle Schäden, die seine ehemaligen Mitmieter noch verursachen (AG Oldenburg, PKH-Beschluß vom 21.08.2015/ 34 C 59/15; bestätigt vom LG Lübeck am 14.09.2015/ 1 T 55/15). Er haftet für Nutzungsentschädigung und Räumungskosten im Außenverhältnis und kann sich die Aufwendungen vom Mitmieter erstatten lassen, sofern dieser nach der Räumung wieder Vermögen erlangt. BGH hat die Weiterzahlung begrenzt, bis der Vermieter nicht mehr die Räumung des verbliebenen Mieters erstrebt (Urteil vom 12.07.2017, VIII ZR 214/16).
Die Mietkaution kann nur von allen Mitmietern oder von einem mit Abtretung der anderen, die Rückforderung im eigenen Namen auch gerichtlich geltend machen zu können, zurück gefordert werden (KG Beschlu vom 02.02.2012, 8 U 193/11 und AG Kiel, Verfügung vom 27.02.2019, 120 C 85/19). Es gibt keine 3 bis 6 Monatsfrist dafür. Das AG Dortmund hat sie als Sicherungs- und nicht als Befriedigungsmittel des Vermieters gewertet, weil sie nach § 551 BGB getrennt von seinem Vermögen angelegt werden muß. Eine Aufrechnung mit strittigen Forderungen ist deshalb für den Vermieter nicht möglich (Urteil vom 13.03.2018, 4 125 C 5350/17). Der BGH fordert eine Erklärung vom Vermieter innerhalb einer angemessenen Frist, ob er noch eine Forderung hat, um sein Verwertungsinteresse zu dokumentieren (Urteil vom 24.07.2019, VIII ZR 141/17, RN 25). Kommt sie nicht, darf auf Rückzahlung geklagt werden.
Feuchtigkeit und Mietzinserhöhung:
Zu Beweiszwecken und formell muß der Vermieter über die genaue Lage der Feuchtigkeitsschäden schriftlich informiert und vom Mieter aufgefordert werden, diese innerhalb einer angemessenen Frist (1 - 2 Monate je nach Dauer der Instandsetzung oder 3 Tage bei Heizungsausfall) zu beseitigen.
Dies bedeutet Aufforderung zur Mängelbeseitigung innerhalb einer angemessenen Frist mit Androhung einer Mietminderung. Gleichzeitig muß dem Vermieter somit angedroht werden, die Kaltmiete zukünftig zu mindern. Die Höhe der Minderung richtet sich nach der Einschränkung der Wohnungsnutzung.
Der Vermieter kommt dann der Forderung nach oder weist auf ein falsches Lüftungsverhalten hin. Beim Schwitzen, Duschen, Baden, Kochen oder Wäschewaschen erhöht sich die Luftfeuchtigkeit. Einige messen dann auch die Mauerfeuchte, um festzustellen, dass die Bausubstanz keine Mängel hat. Der Mieter muß aufpassen, dass er die Mieten nicht zu hoch mindert. Er könnte nach Androhung, wenn der Vermieter keine Abhilfe schafft, fristlos kündigen.
Sofern schon außergerichtlich ein Gutachter eingeschaltet worden ist, darf dieser den Schimmelpilzbefall nicht auch auf die Bausubstanz schieben (AG Eutin, Urteil vom 10.09.2019, 23 C 328/19), sonst wäre die Kündigung durch den Vermieter wegen mangelnder Lüftung unbegründet.
Kleinreparaturklausel:
Die Klausel ist wirksam,
1. wenn sie eine maximale Grenze der Einzelreparatur unter 110,00 € enthält (AG Würzburg 2010; Az. 13 C 670/13), sofern die Einzelreparatur teurer ist, muß sie der Vermieter allein bezahlen (OLG Düsseldorf, Az. 24 U 183/01).
2. wenn eine Höchstgrenze von maximal 8 % der Jahresnettomiete für alle
Kleinreparaturen im Kalenderjahr vereinbart worden ist. Bei 500,00 € Kaltmiete pro Jahr macht dies eine Grenze von 480,00 € aus.
3. wenn die Reparaturkosten nur für Einrichtungsgegenstände aufgebürdet werden, die dem ständigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind (z.B. Wasserhähne, Lichtschalter, Türklinken, nicht: Strom-, Wasser- oder Gasleitungen oder Thermenreparatur, wohl aber Thermenwartung). Der Vermieter muß den Handwerker bestellen.
Schönheitsreparaturen:
Im Mietvertrag kann entgegen der gesetzlichen Regelung vereinbart werden, dass der Mieter sie übernimmt. Formularvereinbarungen, wonach grundsätzlich beim Auszug oder nach starren Fristen zu renovieren ist, sind unwirksam (BGH, 23.06.2004, VIII ZR 361/03). Bei renovierten Wohnungen beim Einzug kann beim Auszug eine Renovierung nach den Fristenregelungen (3,5 oder 7 Jahre, je nach Vereinbarung und Notwendigkeit) vereinbart werden. Bei tatsächlich nur teilrenovierten Wohnungen, was der Mieter beweisen muß, ist diese Klausel ebenfalls unwirksam (BGH, 18.03.2015, VIII ZR 185/14). In diesem Urteil hat der BGH entschieden, dass der Mieter bei Einzug in eine unrenovierte Wohnung nicht mit der Fristenregelung belastet werden kann. Somit kann er so wieder ausziehen, weil er nicht mit Schäden des Vormieters belastet werden kann. Jeder muß die für ihn günstigen Tatsachen beweisen. Daher muß der Mieter beweisen, dass bei seinem Einzug in eine unrenovierte Wohnung bereits Abnutzungen durch den Vormieter vorhanden waren (Schäden oder lange zurückliegende Renovierungsarbeiten). Dafür ist er auf Verwandte oder Bekannte, die ihm beim Einzug halfen, als Zeugen angewiesen, ebenfalls helfen Fotos, die augenscheinlich bei seinem Einzug von der Wohnung und von den Schäden gemacht worden sind.
Eine individuelle Klausel, handschriftlich nach Verhandlung, Renvovierung gegen Mietzinsnachlaß, ist immer noch möglich.
Alle Mängel, die beim Einzug nicht in das Übergabeprotokoll aufgeführt worden sind, muß sich der Mieter beim Auszug entgegenhalten lassen, d.h. er muß sie auf eigene Kosten abstellen, z. B. ein Riß im Waschbecken oder ein Überstreichen einer knalligen Wandfarbe (Amtsgericht Eutin, Urteil vom 26.08.2020, 27 C 210/19). Ein im Protokoll nicht aufgeführter Mangel kann vom Mieter nur zurückgewiesen werden, wenn er beweist, weshalb dieser Mangel nicht in das Protokoll aufgenommen worden ist und bei seinem Einzug vorhanden war (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2003, 10 U 64/02). Das Protokoll streitet für die Vollständigkeit und Richtigkeit der abgegebenen Erklärungen, so dass der Mieter eine plausible Erklärung abgeben muß, weshalb der Mangel nicht in ihm vermerkt oder später gerügt worden ist.
Betretungsrecht des Vermieters:
Routinekontrollen ohne Anlass sind unzulässig (BGH, Urteil vom 04.06.2014, VIII ZR 289/13). Besichtigungsrecht bei
- drohendem Schaden (muffiger Geruch bei Verdacht auf Schimmelpilzbildung), AG München, Endurteil 01.02.2016, 461 C 19626/15
- vor Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen, AG Berlin Mitte, Urteil vom 29.03.2010, 16 C 59/09
- zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen, AG Bremen, Beschluß vom 20.02.2014, 9 C 0579/13
- vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache oder Verletzung von Obhutspflichten, AG Ibbenbühren, Urteil vom 01.09.1998, 13 C 77/97
Der Vermieter muß sein Besichtigungsrecht so schonend wie möglich ausüben und dem Mieter die Besichtigung rechtzeitig vorher ankündigen, mindestens vier Tage zuvor ( AG Lüdenscheid, Urteil vom 23.08.1990, 8 C 698/90). Außer bei Gefahr in Verzug muß der Mieter an Sonn- und Feiertagen keine Besichtigung dulden.
Werkdienst- oder Werkmietwohnung
Werkdienstwohnungen werden dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsvertrages überlassen, § 565 e BGB; die Nutzungsvergütung wird auf das Arbeitsentgelt angerechnet und es entsteht kein eigenes MIetverhältnis (ArbG Bielefeld, Urteil vom 15.11.2004- 3 Ca 1448/04). Die Kündigung richtet sich nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen gem. §576 b BGB.
Werkmietwohnungen werden mit einem extra Mietvertrag vermietet und die Kündigungen richten sich nach allgemeinen mietrechtlichen Vorschriften §§ 566, 573 f, 577 a BGB. Es kommt nicht auf die Bezeichnung durch die Parteien sondern auf die Auslegung des Vertrages nach Treu und Glauben an. Entscheidend ist die rechtliche Verknüpfung, die bei der Werkmietwohnung fehlt.
Kündigung der Mitgliedschaft im Kleingartenverein:
In der mündlichen Verhandlung des AG Lübeck vom 27.01.2022 (29 C 1591/21) meinte das Gericht, bevor der Rechtsweg gegen einen Ausschluß beschritten wird, muß die Schlichtung nach § 10 Abs. 8 der Satzung durchgeführt und dessen Ergebnis abgewartet werden. Lediglich gegen die Kündigung des Pachtvertrages kann sofort der Rechtsweg beschritten werden.