Nachbarschaftsrechte
Das Nachbarschaftsgesetz SH regelt die Rechtsbeziehungen der Nachbarn untereinander recht umfassend.
Vertoß gegen die Grenzbebauung
Ein Mandant war nicht damit einverstanden, dass er von seinem Wohnzimmer jetzt direkt auf den 1,80 hohen und 11 Meter langen Holzschutzzaun samt Schuppen sehen muß. Beide Teile sind nicht ortsüblich und halten nicht gemäß den §§ 6 und 59 Abs.1 LBO SH (= Landesbauordnung) den Grenzabstand von 3 m ein. Die Bauaufsicht des Kreises prüft nur, ob das Rücksichtnahmegebot eingehalten und für den Schuppen eine Baugenehmigung vorliegt, prüft aber nicht eine Verletzung von privaten Rechten Dritter.
Gemäß den Urteilen des AG Rosenheim vom 05.05.2010 zum Az. 8 C 1776/09 und AG Dortmund vom 26.08.2014 zum Az. 512 C 14/14 verjähren die Ansprüche auf Rückbau innerhalb von drei Jahren (§ 195 BGB in Verbindung mit Artikel 229 § 6 EG BGB) ab Herstellung. Danach sei aber der Rückbau vom Eigentümer zu dulden. Somit hat der Mandant nach Ablauf der ersten Verjährungsfrist jeweils zum Jahresende einen Anspruch gegen seinen Nachbarn auf Duldung des Abrisses vom Zaun und Schuppen auf Kosten des Mandanten.
Anspruch gegen den Grundstücksnachbarn:
Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Eutin vom 01.04.2010 zum Az.: 25 C 204/10:
Die Beklagte wird verurteilt, die Wildkräuter entlang der Grundstücksgrenze (genaue Bezeichnung der Straße mit Hausnummer sowie Ort mit Postleitzahl) mindestens dreimal im Jahr, im März, Juni undSeptember, auf ihremm Grundstück (genaue Bezeichnung wie oben) zu entfernen und bis zum 15. Mai jedes zweiten Jahres die hochaufschießenden Weiden, Sträucher und Bäume entlang der Grundstücksgrenze zu stutzen,
und eine Wurzelsperre in der Form von mindestens 60 cm tief in den Boden eingelassenen Stahlplatten auf der Grundstücksgrenze zwischen den beiden vorgenannten Grundstück zu setzen.
Beleidigung von Mitbewohnern eines Hauses
Urteil des Amtsgerichtes Oldenburg vom 22.08.2023, 31 C 292/19: Die Beklagte schrieb an die Vermieterin, ihr Urteil über die Klägerinnen als neue Mieter falle vernichtend aus, und bediente sich abfälliger Bemerkungen "Blöde Kuh oder soll ich lieber Ochse sagen." Sie hämmerte gegen deren Wohnungstür und rief dabei: "Dumme Nudel, asoziales Volk."
Nach der Erhebung der Klage auf Schmerzensgeld und Unterlassung führten die Klägerinnen nach Hinweis des Gerichtes ein Schlichtungsverfahren durch, was erfolglos verlief. Im Urteil stellte das Amtsgericht fest, dass dieses Verfahren hätte vor Klagerhebung durchgeführt werden müssen (so BGH, Urteil vom 23.11.2004, VI ZR 338/03), davon werden aber Zahlungsansprüche aus Ehrverletzungen nicht erfaßt (Minderansicht). Dafür spreche, dass im Schlichtungsgesetz SH kein Mindestwert von 750 € aufgeführt wird, bis wohin auf alle Fälle ein Schlichtungsverfahren zuvor durchgeführt werden muß.
Höhe des Schmerzensgeldes
Ob bei einer Beleidigung ein derart schwerer Eingriff in den Eigenwert der Persönlichkeit anzunehmen ist, dass sich als Ausgleich für die erlittene Unbill eine Geldentschädigung rechtfertigt, kann nur auf Grund der gesamten Umtände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei ist neben dem Grad des Verschuldens insbesondere auch Anlass und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 9.6.1970, VI ZR 18/69). Bei den zugestandenen Bezeichnungen handelt es sich um Formalbeleidigungen, die eine schwerwiegende Mißachtung des Persönlichkeitsrechtes zum Ausdruck bringen. Es handelte sich um wiederholte Äußerungen in Hörweite von Nachbarn (= Mobbing gegenüber den übrigen Hausbewohnern) und beim Klopfen an der Tür um einen Übergriff in die besonders geschützte Rückzugssphäre.
Die Äußerungen fielen aber im Kontext einer länger andauernden konflikthaften Nachbarschaftsbeziehung, obwohl einige der Anliegen der Beklagten (Besorgnis wegen Lärms der Hunde, lautes nächtliches Feiern der Klägerinnen, Müllentsorgung) nachvollziehbar waren. Bloß ungehöriges Verhalten verletzt die Klägerinnen nicht. Sie haben auch nicht die gebotene Rücksichtnahme an den Tag gelegt.
Bloße nicht nachvollziehbare Meinungsäußerungen verletzen die Kägerinnen ebenfalls nicht, z.B. Bezeichnung als Lesben als sexuelle Orientierung des Klägerinnen. Eine staatliche Bewertung von Meinungsäußerungen findet nicht statt. Insofern ist die Mandantin zur Zahlung von jeweils 100 € Schmerzensgeld verurteilt worden und die Kägerinnen mußten 90 % der Verfahrenskosten tragen, weil sie mehr eingeklagt hatten.