Impulse durch den Weltmeister
Um unseren Setter mehr beizubringen, googelte meine Ehefrau im Internet den Begriff Fährtensuche und auf der ersten Seite erschien Marco Dreyer aus Bad Oeynhausen. Dessen Seite strahlte Erfolg aus. Mitte Mai fuhren wir dorthin und belegten ein gefliestes Erdgeschoßzimmer im Forsthotel. Das Intereur war Eiche rustikal, aber harte Matratzen ernöglichten einen ruhigen Schlaf. Zuvor suchte LaVie unter der 5 m Leine noch vergeblich den Rundkurs im benachbarten Wald nach Wild ab.
Am nächsten Morgen erschien der fröhliche Seminarleiter zum Einzelunterricht und wir mußten erstmal das bisher gelernte zeigen. Meine älteste Socke war durch den Wald gezogen und die Suchrichtung an Bäumen durch Zeichen kenntlich gemacht worden. Am Ende winkte eine Belohnung. Herr Dreyer stellte ein Zusatzgeschirr vor, dass ans Hundehalsband geknöpft wird und am Bauch einen Ring aufweist, an dem die Leine befestigt wird und der Vierbeiner nach untern korrigiert werden kann. Da wir schon bei der Vorgängerin das Feldtmann-Geschirr zur Entlastung des Hals- und Brustberichs nutzten und LaVie kein Ziehen nach unten gewöhnt ist, blieben wir bei unserem Geschirr.
Herr Dreyer zog mit einer 2 m langen Leine einen Kreis, den er mit seinen Füßen und kleinen Leckerlis aus einem Futterspender aus Kunststoff mit Legevorrichtung markierte, um den Hund eine Spur zu zeigen. Später sollten die Belohnungen wegfallen und der Hund so allein die Spur erschnüffeln. So hatte er seine Schäferhunde bereits zehnmal bei den Deutschen Meisterschaften der Fährtensuche zum Sieg geführt. Um die höchste Punktzahl zu erreichen, dürfen die Tiere nicht die Nase vom Boden und die Lefzen zum Luftholen heben.
LaVie war begeistert von den kleinen Futterteilen, suchte aber gleichzeitig die Umgebung nach Hasen ab und legte sich auch nicht vor der Futterschachtel am Ende der Strecke hin, sondern zeigte nur mit dem Fuß darauf. Die dritte Fährte wollte sie gar nicht mehr verfolgen, weil sie satt und es bereits 12.30 Uhr war. Sie drängte zur Mittagsruhe im Hotel. Von 15 bis 17 Uhr haben wir die Theorie verfeinert und unsere Setterhündin im Schatten eines Baumes liegend die große Weide nach Wild abgescannt.
Abends waren Frauchen und Hund ziemlich erschöpft und wollten die Unterkunft nicht mehr verlassen. Sie bestellte einen Salat und LaVie eine halbe Ente. Ich habe ins Navi, dass keine Imbisse sondern nur Restaurants im Ort anzeigte, den Bahnhof eingegeben und diesen in konzentrischen Kreisen abgefahren.
MacDonalds war voll und im gegenüberliegenden Imbiß keiner. Deshalb habe ich das erstemal im Leben den FCK angesteuert. Dessen Instandsetzungsstau von 20 Jahren wurde von der hauteng gekleideten Teenagerin am Anfang der aus 13 Personen bestehenden Schlange hinter dem einzig geöffneten Schalter wettgemacht. Als ich bei dem sympathischen bebrillten Jüngling vor der Theke stand, sah ich viele bebilderte Mac-Nuggets mit Menüs und bestellte einen Twister (Pfannkuchen mit Hühnchenfleisch) und einen Hühnchensalat. Ente gab es nicht.
Am nächsten Morgen war die Nachbesprechung im Hotel und gegen 10 Uhr fuhren wir wieder nach hause. Das Navi zeigte auf der Autobahn kurz vor Hamburg einen Engpaß und die Tafel nach dem Autobahnkreuz Maschen 12 km Behinderung, obwohl wir von Hannover aus nur mit drei Autos kamen. Meine Frau schlug vor, die Abfahrt Winsen zu nehmen und über Lüneburg/Rostock nach Hause bei Lübeck zu fahren. Ich ignorierte den Vorschlag und stand tatsächlich kurz hinter Maschen im Stau.
Nach 10 Minuten kochte der Hund, weil der Vorbesitzer meines Gebrauchtwagens vergessen hatte, Rollos im Kombibereich zu bestellen. Einen Fernlichtassistenten hatte er geordert, der half aber nicht. Meine Frau krabbelte während der Staufahrt von vorne zur Mitte des Wagens, packte das dort gelagerte Gepäck nach vorne neben mich, klappte einen Rücksitz nach hinten, baute das Trennnetz ab und befahl LaVie, zur Mitte zu kommen. Aus dem Porsche Kombi nebenan flog der Kinderwagen in die Rettungsgasse und das Baby wurde in die Kühlbox gelegt.
Nach 40 Minuten hatten wir die Abfahrt Richtung Lübeck erreicht und innerhalb von 4 Stunden die 270 km lange Strecke bewältigt. Es hat sich aber gelohnt, da wir jetzt neue Impulse bekommen haben, den Hund zu beschäftigen.
Anti-Jagd Seminar Ende Mai 2019 in der Pfotenakademie Ruhrgebiet:
5 Jagdhunde in der ersten Gruppe und 5 andere in der zweiten.
1. Tag: Anschauen von Wachteln und Kaninchen im Käfig an der 10 m Leine. Wenn der Hund bellt, "Schade" sagen und weggehen.
2. Tag: 20 m Leine im Wald nicht durchlaufen lassen, sondern am Ende anfassen. Mit nur einem einzigen Wort, z.B. "Prima" belohnen.
3. Tag: Platzübung - Sitzen unter Ablenkung; Hund 15 m wegschicken, Leckerli fallen lassen und Hund muß sich beim Rankommen auf
Befehl setzen. Dann darf er selbst bestimmen, wohin er rennen will und darf es realisieren, wenn er sich auf
Kommando setzt, sonst nicht. Zur Reizangel hatte unser Hund dann keine Lust mehr.
4. Tag: Rundwanderweg im Wald mit leichter 50 m Leine, die frei auf dem Boden liegt. Wenn das Tier wegrennt, spätestens bei
40 m drauftreten. "Kehr um", wenn es in eine andere Richtung laufen soll oder den Weg verläßt.
5. Tag: viel Spaß und Aufmerksamkeit bei der Hasenzugmaschine, an dem ein Stoffhase befestigt wird und jeder Jagdhund
hinterherhetzt.
Rechtsprechung Schmerzensgeld bei Hundebiss:
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in seinem Urteil vom 22.09.1992 (13 S 6213/19) den Hundehalter des angreifenden Hundes auch ohne Verschulden haften lassen. Zwischenzeitlich lehnen die Hundehaftpflichtversicherungen ein Schmerzensgeld ab, wenn das Opfer bei einer Auseinandersetzung zwischen den Hunden gebissen wird.
Das AG München (01.04.2011 - 261 C 32374/10) hat in Randnummer 34 seiner Entscheidungsgründe die Tiergefahr des eigenen Hundes mit 1/5 beziffert und der Halterin 2 statt 2,5 T€ zugesprochen. Die Klägerin hatte nicht mit bloßer Hand in das Hundegerangel eingegriffen, sondern in einer Kampfpause, in der die Hunde bereits Abstand genommen hatten, das eigene Tier festgehalten. Hier fehlt es an der Sorgfaltswidrigkeit, mit bloßer Hand sich verbeißende Hunde zu trennen.
Größeres MItverschulden wurde angenommen, wenn sich bei einer Rangelei die Hand im Bißbereich befindet und der eigene Hund Agressor war (OLG München - Endurteil vom 12.12.2018 - 20 U 1474/18).
Der BGH hat ebenfalls ein Mitverschulden angerechnet, als sich zwei fremde Hunde bissen und der eigene Hund eingriff (Tiergefahr des eigenen Hundes, Urteil vom 14.07.2016 - VI ZR 465/15). Die Tiergefahr mit 30 % Mitverschulden realisiert sich nur, wenn es zu einer Rangelei zwischen zwei Hunden mit wechselseitigem Beißen kommt. Dann stellt sich ein Schaden gerade als Folge einer "Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens" dar. Spätestens ab diesem Moment habe sich eine Interaktion der beiden Tiere Entwickelt, die deren tierischen naturell entsprochen haben.
Das OLG Karlsruhe lehnte ein Mitverschulden ab (10.10.2019 - 7 U 85/18), weil die Aggressivität vom Hund des Beklagten ausging, dieser schon ein paar Wochen vorher einen anderen Hund angegriffen und seine Halterin in die Hand gebissen hatte. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass sich der Kläger zwischen die kämpfenden Hunde begeben hatte.
Neulich am Steilufer von Bliesdorf/Ostsee
Ende August 2020 an einem Montag nachmittag fuhr ich mit den beiden Hunden nach Dienstschluß zur Ostsee und lies sie dort frei toben, weil mir auch andere Hunde unangeleint an dem steinigen Strand entgegenkamen und das 10 m hohe Steilufer nicht erklimmbar ist. Doch nach einer viertel Stunden entschwanden die beiden durch eine Furt in den oberhalb liegenden Wald. Zunächst unterhielt ich mit mit dem Eremiten aus Lüneburg, der dort am Ufer seit 30 Jahren Urlaub macht und ein Lagerfeuer entfacht hatte, aber nach 30 Minuten machte ich mir Sorgen und lief zum Wagen auf dem Parkplatz des Campingplatzes, um mir weitere Instruktionen zu holen. Ich sollte zum Ausgangsort an der Furt zurückkehren,weil die beiden zurück kommen würden.
Dort, nach einem kräftigen Dauerlauf angekommen, trat ein Mann an mich heran und fragte, ob ich Hunde vermisse? Da ich noch beide Geschirre in der Hand trug, konnte ich es nicht abstreiten. "Ich bin der Jagdaufseher und ein Spaziergänger hätte einen schwarz weißen Mix vor einer viertel Stunde auf dem benachbarten Feld hinter einem Reh herlaufen gesehen." Unser Mix war natürlich zu langsam, aber der Pächter fuhr mit seinem Wagen um den Wald herum und informierte mich über Handy, dass dort auf der anderen Seite ein Setter hilflos rumstand. Er sammelte ihn ein, preßte ihn in den vorderen Fußraum seines Kombis und gab ihn mir, als ich dort hingefahren war, zerknittert wieder zurück. Ich ging noch mal zum Steilufer, fand aber den Mix nicht, der zwischenzeitlich wieder zum Parkplatz am Camgplatz gelaufen und von einem zeltenden Ehepaar aus Heidelberg festgenommen worden war. Nach zwei Stunden endete das Abenteuer für die beiden, die jetzt erstmal Gehorsam an der Leine üben müssen. Der Mix hatte sich beim Laufen überanstrengt und zwei Tage angeschwollene Vorderbeine.
Ende November bekam ich eine Rechnung der Landwirtschaftskammer SH aus Kiel über 128,00 € Aufwendungsersatz für das Suchen von zwei Hunden durch den Jagdaufseher, der dort bei der Kammer angestellt war.